You are currently viewing <span class="entry-title-primary">Zehn Fragen zu Büchern</span> <span class="entry-subtitle">Erinnerungen an vergangene und zukünftige Lektüren</span>

Zehn Fragen zu Büchern Erinnerungen an vergangene und zukünftige Lektüren

Birgit Böllinger hat auf ihrem wunderbaren Literaturblog Sätze & Schätze zehn Fragen zu Büchern gestellt und darauf schon zahlreiche Rückmeldungen erhalten. Ich mag solche Umfragen, weil sie auffordern, über das eigene Lesen nachzudenken. Es sind  klar und einfach formulierte Fragen, deren Beantwortung beim genaueren Nachdenken gar nicht so einfach und klar ist. Das schließt aber den Versuch nicht aus.

Das erste Buch, das du bewusst gelesen hast?

Da geht das Problem schon los, denn die Beantwortung beruht auf einem Rekonstruktionsversuch. Im April 1968 ging ich mit zur Erstkommunion. Ich war noch sehr jung, noch nicht einmal sieben Jahre alt. Nach ersten, aber nicht lange andauernden Schwierigkeiten im 1. Schuljahr, lesen zu lernen, war dieses Frühjahr, in dem die Erstkommunion war, die Zeit, in der mein Leseinteresse rapide wuchs. Ich weiß bis heute, denn es ist in der Familie oft genug erzählt worden, um es nicht zu vergessen, dass ich zu dieser Feier insgesamt 17 Bücher geschenkt bekommen hatte. Eines davon war aus dem Franz Schneider Verlag Der Pepperl und ich von Hans Gustl Kernmayr. Vielleicht ist diese sogenannte „Lausbubengeschichte“ tatsächlich das Buch, das ich als erstes bewusst gelesen habe. Dass dieser Kernmayr ein ganz übler Nazi-Mitläufer gewesen war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, hätte mir aber auch nichts darunter vorstellen können.

Das Buch, das Deine Jugend begleitete?

„Jugend“ umfassst eine große Zeitspanne. Und trotz der 5-Freunde-Bücher von Enid Blyton, trotz Karl May würde ich immer noch sagen: Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf.

Das Buch, das Dich zur Leserin/zum Leser machte?

Vielleicht war’s dieses oben schon erwähnte „Pepperl“, aber in der Erinnerung sind es eher Otfried Preußlers Der kleine Wassermann und eben Pippi Langstrumpf.

Das Buch, das Du am häufigsten gelesen hast?

Das ist vielleicht die einfachste Frage! Ohne Zweifel Theodor Fontanes Effi Briest.

Das Buch, das Dir am wichtigsten ist?

Es kommt auf die Umstände an und wechselt. Am Meisten hallt derzeit Henning Mankells Die schwedischen Gummistiefel nach. Dieser Roman wird sicherlich in meinem Gedächtnis Bestand haben.

Das Buch, vor dem Du einen riesigen Respekt bzw. Bammel hast?

Ich habe in den letzten dreißig Jahren mehrere Anläufe genommen und bin immer kläglich gescheitert an Jean Pauls Flegeljahre.

Das Buch, das Deiner Meinung nach am meisten überschätzt wird?

Darf ich die Frage abwandeln? Es gibt tatsächlich einen Autor, dessen Romane (nicht die kürzeren Erzähltexte) ich für grandios überschätzt halte: Franz Kafka. Kennst du einen Roman, kennst du alle! Ich weiß, das ist sehr pauschal gesagt. Aber mich langweilen die Romane entsetzlich.

Das Buch, das Du unbedingt noch lesen willst – wenn da einmal Zeit wäre?

Unendlicher Spaß von David Forster Wallace. Ich will es unbedingt lesen, glaube aber, dafür ausreichend Zeit und vor allem Ruhe haben zu müssen. An beidem fehlt es auf absehbare Zeit. Außerdem mal einen Roman von Jean Paul (siehe oben).

Das Buch, das Dir am meisten Angst macht?

Es ist kein Buch, sondern ein einzelner Text, das Märchen Das Totenhemdchen der Brüder Grimm. Heute nur schwer, als Kind für mich vollkommen unerträglich.

Das Buch, das Du gern selbst geschrieben hättest?

Die Frage hat sich mir nie gestellt. Wenn ich anlässlich der Aufforderung hier aber darüber nachdenke, kommt mir spontan immer sofort Stephan Thomes Roman Grenzgang in den Sinn. Ich glaube, das liegt an einer einzigen Episode im Roman. Da wird der männlichen Hauptfigur Thomas Weidmann durch Vetternwirtschaft und Intrigen die akademische Karriere verunmöglicht. Bevor er einen anderen Weg einschlägt, Lehrer wird im hessischen Hinterland und dorthin umzieht, fährt er nächtens noch einmal zum Institut und wirft dort mit einem dicken Stein eine Fensterscheibe ein. Diese Episode selbst erzählt zu haben, wäre mir als eine Art Übersprungsreflex eine unglaublich große Freude gewesen.