Martin Walser: Statt etwas oder Der letzte Rank
Wenn du selber nur noch die Wahrheit sagen kannst, bist du unter Menschen nicht mehr möglich.
Wenn man dem Strom der literaturkritischen Kommentare folgt und Martin Walsers Roman Statt etwas oder Der letzte Rank, will man ihn denn noch als Roman bezeichnen, als Schlüsseltext liest für die biographischen Zusammenhänge, die man zu erkennen glaubt, dann treten sie alle wie Lemuren in Erscheinung, die Personen und Ereignisse, die, wie man annimmt, Walser zu Walser machten, der schier allmächtige Marcel Reich-Ranicki, der ungnädige Frank Schirrmacher, die kaum liebenswürdigere Felicitas von Lovenberg, die Debatte nach der einschneidenden Paulskirchenrede, und dann erscheint der Ich-Erzähler in gespreizter Rechtfertigungseitelkeit, der mit seiner Verletzlichkeit kokettiert, sich in die Luther-Pose des „Hier stehe ich …“ wirft und das unverstandene Opfer mimt, und seine erotischen Phantasien, wenn man sie denn so nennen will, erscheinen wie ein Herr Tur Tur, der beim Näherkommen die Statur eines Zwerges annimmt, oder wie eine leidlich schöne Frau, der man, als sie aus der Dusche steigt, den Bademantel in der Vorfreude hinhält, ihr ihn bald wieder nehmen zu können, die aber das griffbereite Badetuch nimmt, sich darin einwickelt, den Raum und schließlich, wenig später, das Haus verlässt, während man selbst immer noch da steht, leidlich hilflos, mit dem Bademantel in der Hand – und man fühlt sich als Leser gelangweilt und verstimmt.… Zum Weiterlesen