Christian Adam: Der Traum vom Jahre Null – kurz gefasst

Adam, Stunde Null

Christian Adam knüpft zeitlich unmittelbar an sein Buch Lesen unter Hitler (2010) an. Er schreibt keine (weitere) Geschichte der Höhenkammliteratur der Nachkriegszeit. Ihn interessiert, was gelesen wurde und auf welche Weise Leseangebote ermöglicht oder erschwert wurden. Dabei wirft er einen breit streuenden Blick auf den aus den Trümmern sich entwickelnden Literaturbetrieb dieser Zeit, auf Verlagsgeschichten und auf das Leseverhalten der Bevölkerung. Er skizziert Phänomene der Massenliteratur, stellt die zeitgenössischen Bestseller knapp vor und erläutert Distributionswege sowie kulturpolitische Entwicklungen und Entscheidungen in den besetzten Zonen und den beiden deutschen Staaten. Adam durchschreitet dabei den Zeitraum zwischen 1945 und dem Ende der fünfziger Jahre. Dabei schaut er weniger auf Strukturen als vielmehr auf Personen, deren Agieren er vorstellt. Die eben auch moralische Katastrophe von NS-Herrschaft und Weltkrieg und den Umgang damit arbeitet er auf diese Wiese auf und skizziert, wo nötig, auch knapp weiterreichende Entwicklungen in die sechziger Jahre hinein. Ihm ist es dabei ganz offensichtlich ein Anliegen, Kontinuitäten freizulegen. Mag man vielleicht und vor allem gegen Ende den Eindruck gewinnen, es sei nun ein wenig des Guten zu viel, wenn er in einer erneuten biographischen Skizze die Rolle eines Schriftstellers oder eines Verlegers in der NS-Zeit herausstellt. Das ändert aber nichts daran, dass Adam seinem Anliegen auf ausgesprochen lesenswerte Weise gerecht geworden ist.


Christian Adam: Der Traum vom Jahre Null. Autoren, Bestseller, Leser: Die Neuordnung der Bücherwelt in Ost und West nach 1945. – Berlin: Verlag Galiani 2016.