Jakob Hein: Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste

Jakob Hein, Grischa

Der Eintritt ins Berufsleben markiert schon immer einen Einschnitt in das Leben junger Menschen, hüben wie drüben, gestern wie heute. So ist es dann auch nicht ungewöhnlich, dass Jakob Hein seinen Roman über Grischa Tannberg genau damit beginnen lässt, 1981 in der DDR. Hat man nach einigen Lesestunden den Roman mit dem Bedauern beendet, dass die Lektüre nun vorbei ist, fragt man sich allerdings, ob dieser Grischa wirklich die Hauptfigur ist.… Zum Weiterlesen

Christoph Hein: Das Narrenschiff

Sollte die Erinnerung nicht trügen, so war es ein Leserkommentar auf der Verlagsseite von Suhrkamp selbst, der seine eigenen Leseeindrücke lapidar mitteilte: „Das Narrenschiff“ sei eines der langweiligsten Bücher gewesen, das er (ich glaube mich zu erinnern, dass es ein Männername war, der angezeigt wurde) je gelesen habe. Leider habe ich versäumt, die genaue Quelle zu notieren oder auf andere Weise zu sichern.… Zum Weiterlesen

Christoph Hein: Unterm Staub der Zeit

„Ja, Daniel“, sagte er, „jetzt gehörst du dazu. Endlich.“

Es sind die Worte eines Vaters. Sie sind voller Hoffnung, vom Ende her betrachtet voller Illusion. Aber er scheint daran zu glauben, ist es doch schon der zweite Sohn, den er hinbringt, wo er ‚dazugehört‘. Vom nordsächsischen Guldenberg, diesem fiktiven Pendant zum realen Bad Düben, in den Westberliner Grunewald, ins evangelische Internat.… Zum Weiterlesen

Ingo Schulze: Die rechtschaffenen Mörder

Bücher, die über die Macht des Buches handeln, zumindest solche, die fiktionaler Art sind, finden nur in den allerseltensten Fällen mein Interesse. Ich erinnere mich an deutlich mehr Bücher, die ich nur aus Höflichkeit zu Ende gelesen habe oder las, weil alle sie lasen, oder – im Regelfall – schnell weggelegt habe, als an solche, die mir ein großes Lesevergnügen bereiteten.… Zum Weiterlesen

Peggy Mädler: Legende vom Glück des Menschen

Ich bin mir nicht sicher, ob man von einem Tag,
der vergangen ist, noch etwas anderes
wissen kann – als eine Geschichte.

Auf dem Umschlag mäandert ein blaues Garnknäuel durch das Bild und verbindet Vorder- und Hintergrund. Drei FIguren befinden sich auf der Linie, die der Faden beschreibt. Die Frau mit dem Koffer im Hintergrund wendet dem Betrachter den Rücken zu und scheint das Bild nach hinten verlassen zu wollen.… Zum Weiterlesen

Peggy Mädler: Wohin wir gehen

Der Zug fährt am See entlang, am Ufer schaukeln Boote. Kristine versucht sich den Sommer vorzustellen, sie stellt sich Almut in einem sonnenbeschienenen Kirchmöser vor und sieht in der Scheibe Ellis Gesicht.

Jetzt bist du der Mensch, der mich am längsten kennt, sagt das Gesicht in der Scheibe, und ist dabei voller Regentropfen.

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Christoph Hein: Gegenlauschangriff

Ob die Sammlung von insgesamt 28 kurzen Texten, die unter der Gattungsbezeichnung „Anekdoten“ zusammengestellt wurden, tatsächlich Christophs Heins „persönlichstes Buch“ sind, wie der Ankündigungstext auf dem Deckelrücken behauptet, sei einmal dahingestellt. Sein autobiographischstes Buch – man möge nachsichtig umgehen mit diesem sprachlich schrägen Superlativ – ist es allemal. Hein hat zwar schon immer bereitwillig Auskunft gegeben über seine eigene Lebensgeschichte und den darin eingebetteten Ereignissen und Erfahrungen.… Zum Weiterlesen

Günter de Bruyn: Der neunzigste Geburtstag

de Bruyn, 90. Geburtstag

Als Günter de Bruyn seinen letzten Roman Neue Herrlichkeit veröffentlichte, existierte die DDR noch. Michail Gorbatschow war noch nicht einmal Generalsekretär der KPdSU, von Glasnost und Perestroika keine Spur. Darauf musste man 1984, als das Buch zunächst nur in der (alten) Bundesrepublik erschien, noch ein Jahr warten. Dass aber der Roman ein Jahr später auch in der DDR erscheinen konnte, nachdem Gorbatschow in der Sowjetunion an die Macht gekommen war, ist wohl Zufall.… Zum Weiterlesen

Christoph Hein: Verwirrnis

Hein, Verwirrnis

Verwirrnis ist ein Wort, das der Duden nicht verzeichnet. Eine Neuschöpfung also, so könnte man annehmen und sich über den scheinbaren Manierismus wundern. Warum nicht schlicht „Verwirrung“? Neu ist der Begriff aber nicht, im Gegenteil. Denn das Grimmsche Wörterbuch verzeichnet ihn noch, wenn auch nur mit einigen wenigen und außerdem sehr alten Belegstellen.… Zum Weiterlesen

Johannes Bobrowski: Gesammelte Gedichte

Bobrowski, Gesammelte Gedichte

Bobrowski war anders, ist anders. Das erscheint sicherlich als merkwürdiger Charakterisierungsversuch für einen Schriftsteller, für einen Künstler. Denn das Anderssein, das Anders zur Welt gestellt sein als das Gängige, das Hergebrachte, die Konvention ist doch eine genuine Eigenschaft von Literatur und Kunst. Angepasstheit an das Gewohnte ließe sie erstarren im Trivialen, machte sie im besseren Fall zum Kunsthandwerklichen, im Regelfall überflüssig.… Zum Weiterlesen

Christoph Hein: Trutz

Hein, Trutz

Christoph Hein gilt als „Chronist ohne Botschaft“. Diese Charakterisierung begleitet ihn seit Anfang der 90er Jahre und ist so fest mit ihm verbunden, dass immer wieder angenommen wurde, es handele sich dabei um eine Selbstbeschreibung Heins als Autor. Man hält sie für eine literaturästhetische Grundorientierung seines Schreibens, die sich bis in seine aktuellen Romane hinein beobachten lasse.… Zum Weiterlesen

Juli Zeh: Unterleuten

Zeh, Unterleuten

Im Regelfall bin ich nicht verlegen, eine eindeutige Gefallensäußerung oder ein Urteil über einen literarischen Text zu formulieren. Bei Juli Zehs Unterleuten tue ich mich aber, das muss ich gestehen, schwer. Ob dieses Zögern auch etwas mit dem Umstand zu tun hat, dass ich vier Wochen benötigte, um den Roman zu Ende zu lesen?… Zum Weiterlesen

Christoph Hein: Glückskind mit Vater

„Am Anfang war eine Landschaft.“

So begann die Novelle Der fremde Freund, die 1982 Christoph Hein zum literarischen Durchbruch verhalf. So könnte auch sein neuer Roman Glückskind mit Vater beginnen. Denn auch hier betritt der Leser gemeinsam mit einem Ich-Erzähler ein durch Menschenhand geformtes Naturareal, ein aufgeforstetes Birkenwäldchen, das wiederum vollkommen umschlossen ist von einem alten, „groß und übermächtig“ erscheinenden Mischwald.… Zum Weiterlesen

Peter Richter: 89/90

Der Titel des Romans verweist lapidar auf das, worum es geht: grob gesagt um die letzten beiden Jahren der DDR zwischen Siechtum und Auflösung. Aha, so könnte man meinen, ein weiterer „Wenderoman“ oder zumindest einer, von dem man annimmt, man könne ihm mit dieser Kategorisierung beikommen. Nein, in eine Reihe von Romanen wie Eugen Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“, Lutz Seilers „Kruso“ oder Uwe Tellkamps“ Der Turm“ verbindet ihn zwar der äußerliche Umstand der alljährlichen Inszenierungen um die Frankfurter Buchpreisverleihung, denn 89/90 stand für 2015 immerhin auf der Longlist für den Preis.… Zum Weiterlesen