Jakob Hein: Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste

Jakob Hein, Grischa

Der Eintritt ins Berufsleben markiert schon immer einen Einschnitt in das Leben junger Menschen, hüben wie drüben, gestern wie heute. So ist es dann auch nicht ungewöhnlich, dass Jakob Hein seinen Roman über Grischa Tannberg genau damit beginnen lässt, 1981 in der DDR. Hat man nach einigen Lesestunden den Roman mit dem Bedauern beendet, dass die Lektüre nun vorbei ist, fragt man sich allerdings, ob dieser Grischa wirklich die Hauptfigur ist.… Zum Weiterlesen

Christoph Hein: Das Narrenschiff

Sollte die Erinnerung nicht trügen, so war es ein Leserkommentar auf der Verlagsseite von Suhrkamp selbst, der seine eigenen Leseeindrücke lapidar mitteilte: „Das Narrenschiff“ sei eines der langweiligsten Bücher gewesen, das er (ich glaube mich zu erinnern, dass es ein Männername war, der angezeigt wurde) je gelesen habe. Leider habe ich versäumt, die genaue Quelle zu notieren oder auf andere Weise zu sichern.… Zum Weiterlesen

Juli Zeh: Unterleuten

Zeh, Unterleuten

Im Regelfall bin ich nicht verlegen, eine eindeutige Gefallensäußerung oder ein Urteil über einen literarischen Text zu formulieren. Bei Juli Zehs Unterleuten tue ich mich aber, das muss ich gestehen, schwer. Ob dieses Zögern auch etwas mit dem Umstand zu tun hat, dass ich vier Wochen benötigte, um den Roman zu Ende zu lesen?… Zum Weiterlesen

Michael Köhlmeier: Das Mädchen mit dem Fingerhut

Erst am Ende gibt Michael Köhlmeier die bis dahin weitgehend durchgehaltene Erzählperspektive auf, wird auktorial und appelliert an den Leser:

Wenn es wahr ist, dass an Gottes rechter Seite sein Liebling steht, bei allem, was er tut, was er pflanzt und segnet, wenn das wahr ist, so hör die Schritte, die kleinen, die großen, das Trippeln und das Stampfen!

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Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit

Es ist bekannt, vielleicht; es bewegt, zumeist:

Mondnacht

Es war, als hätt‘ der Himmel
Die Erde still geküsst,
Daß sie im Blüten-Schimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

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Christoph Hein: Glückskind mit Vater

„Am Anfang war eine Landschaft.“

So begann die Novelle Der fremde Freund, die 1982 Christoph Hein zum literarischen Durchbruch verhalf. So könnte auch sein neuer Roman Glückskind mit Vater beginnen. Denn auch hier betritt der Leser gemeinsam mit einem Ich-Erzähler ein durch Menschenhand geformtes Naturareal, ein aufgeforstetes Birkenwäldchen, das wiederum vollkommen umschlossen ist von einem alten, „groß und übermächtig“ erscheinenden Mischwald.… Zum Weiterlesen

Martin Walser: Ein sterbender Mann

Ich widerspreche!

In seinem persönlich an Martin Walser adressierten, aber natürlich eigentlich an seine Leserinnen und Leser gerichteten  Rezensionsbrief rechnete Tobias Nazemi ziemlich harsch mit Walsers aktuellem Roman Ein sterbender Mann ab. Die seinerseits gewählte Form des Leserbriefs kam offensichtlich gut an und fand reichlich Resonanz. Die Besprechung hatte vieles, was man sich wünscht: sie war durchaus originell, sie war witzig, sie war frech, sie war klar in ihrem Urteil, sie war ohne Scheu vor diesem letzten unserer alten, deutschsprachigen Großschriftsteller (sieht man von Enzensberger vielleicht einmal ab).… Zum Weiterlesen

Joachim Meyerhoff: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war

Während sich am Ende des letzten Jahres der dritte Teil seines Erinnerungsprojekts „Alle Toten fliegen hoch“ mit dem Titel Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke in den oberen Plätzen der verschiedenen Bestsellerlisten etablierte, habe ich Joachim Meyerhoffs zweiten Roman dieses Zyklusses gelesen. Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war erschien 2013 und kam im letzten Jahr im Vorfeld des neuen Romans als Taschenbuch auf den Markt.… Zum Weiterlesen

Ohne Verfallsdatum Persönliche Anmerkungen zum literarischem Bestand über das Jahr 2015 hinaus

In den letzten Tagen habe ich so viele Blogs gelesen, in denen Rückschau auf das eigene Lesejahr gehalten und Buchempfehlungen ausgesprochen werden, dass ich schon erwog, genau aus dem Grund mich selbst zurückzuhalten. Aber der Rückblick auf die gelesenen Bücher ist auch ein Rückblick auf meinen Blog. Den habe ich im September begonnen, eine schon lange gehegte Idee und einen Wunsch in die Tat umgesetzt, aber nicht geahnt, dass er mir so schnell so viel bedeutet.… Zum Weiterlesen

John Williams: Butcher’s Crossing

Der Ort, an dem sich die Wege der Schlächter kreuzen, das ist Butcher’s Crossing, eine Kleinstadt in Kansas, am Rande des Nirgendwo, das man den „Wilden Westen“ nannte. Hier treffen sich die Büffeljäger, um die erbeuteten Bisonfelle auf den Markt zu bringen. Hier erholen sich rastlose Männer von den Strapazen ihrer Beutezüge und geben eine Menge des schnell verdienten Geldes ebenso schnell wieder aus.… Zum Weiterlesen

Heinz Rein: Finale Berlin

Sagen wir es gleich vorweg: Dass der Autor literarische Figuren zeichnen könne, die stereotype Denk- und Verhaltensmuster hinter sich lassen und individuelle Charaktere darstellen, kann man eigentlich schon nach den ersten 30-40 Seiten dieses fast 760 Seiten dicken Romans bei allem guten Willen nicht mehr behaupten. Und am Ende der Lektüre bleibt dieser Eindruck auch weiterhin haften.… Zum Weiterlesen

Ulrich Woelk: Pfingstopfer

Wer nicht mehr zu den ganz Jungen gehört, kennt Phasen im eigenen Leben, in denen man den Eindruck gewinnt, dass es auf vielerlei Ebenen und fast schon grundsätzlich nicht rund zu laufen scheint. Viele Probleme gleichzeitig, die man zu bewältigen hat, ohne auch nur eine Ahnung, geschweige denn eine konkrete Vorstellung zu haben, wie man sie lösen könnte.… Zum Weiterlesen